Südhessen hat mehr als 15.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die meisten sind jung, wollen arbeiten oder einen Beruf erlernen. Mit unserem Aktionsprogramm unterstützen wir ihre Integration in den Arbeitsmarkt.
Thomas Kratz stutzt, als er hört, was Suleman Ali Maher als seinen Beruf angibt: „Handy Engineer.“ „Handy Ingenieur?“, wiederholt der Ausbildungsberater der IHK Darmstadt. Der 19-jährige Pakistaner nickt. Er habe in seiner Heimat vier Jahre lang bei Nokia und Samsung gearbeitet. Kratz findet heraus, dass Suleman Ali Maher parallel zu Schule und College Handys zusammen gebaut und repariert hat.
In der Flüchtlingsunterkunft in Lautertal im Odenwald führt der IHK-Ausbildungsberater die ersten Gespräche über die Berufswünsche und -erfahrungen der Bewohner. 45 Männer zwischen 16 und 54 Jahren leben dort, die Mehrheit stammt aus Syrien und ist unter 30 Jahre. Sie zählen zu den rund 15.200 Flüchtlingen, die Südhessen zunächst zugewiesen worden sind.
„Mehr als die Hälfte von ihnen ist in einem Alter, in dem ein direkter Einstieg in den Ausbildungsmarkt möglich wäre“, weiß Thomas Kratz. Gleichzeitig geht die Zahl der Auszubildenden in Südhessen zurück. 2016 wurden 2,8 Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Jahr zuvor. Zudem gibt es in einigen Branchen der Region Fachkräftemangel.
Damit die Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und darauf folgender Beschäftigung gelingt, haben wir einen Fünf-Punkte-Aktionsplan beschlossen. Die Inhalte: Unternehmen informieren und beraten, jungen Flüchtlingen Orientierung in der hiesigen Berufswelt geben und zu Praktika verhelfen sowie Flüchtlinge in Einstiegsqualifizierung (EQ) und Ausbildung vermitteln.
Wir unterstützten Unternehmen aber auch bei der Qualifizierung und Ausbildung von Flüchtlingen und fördern den Spracherwerb der Flüchtlinge. „Ihre Integration kann nur gelingen, wenn die Integration in eine Ausbildung zügig vorangeht“, ist Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar, überzeugt. Dafür finanzieren wir zwei zusätzliche Stellen für Ausbildungsberater, die Flüchtlinge und Arbeitgeber zusammenbringen. Seit Februar ist Thomas Kratz bereits im Einsatz. Seit Juli 2016 unterstützt zusätzlich seine Kollegin Katharina Moers die Vermittlung in Ausbildung.
»Die Integration von Flüchtlingen kann nur gelingen, wenn die Integration in Ausbildung zügig vorangeht.«
Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar
Aktuell erfasst keine der staatlichen Stellen systematisch und einheitlich die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Flüchtlinge. Darum besucht Kratz Gemeinschaftsunterkünfte wie die im Lautertal, wo er mit den Interessenten Einzelgespräche führt. „Es wird kein Flüchtling vermittelt, mit dem ich nicht vorher gesprochen habe“, erläutert der IHK-Experte. Zu den Voraussetzungen gehören ausreichende Deutschkenntnisse und eine gute Bleibeperspektive – derzeit gilt die vor allem für Flüchtlinge aus Eritrea, Somalia, Irak, Iran und Syrien.
22 Gespräche führt Thomas Kratz an diesem Nachmittag, für die wenigsten Flüchtlinge kann er zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon etwas tun. Bei den meisten reichen die Deutschkenntnisse noch nicht aus. Trotzdem wird einer der Bewohner hinterher sagen: „Es ist wirklich toll, eine Brücke der Hoffnung über ein Meer der Verzweiflung zu bauen.“
Zu den Aufgaben von Kratz gehört es auch, die „InteA“-Klassen zu besuchen, die Abkürzung steht für „Integration und Abschluss“. Etwa 800 Jugendliche aus Krisengebieten werden derzeit in „InteA“-Klassen systematisch und dauerhaft beschult und auf den Arbeitsmarkt kommen. „Um den Geflüchteten bei der beruflichen Orientierung zu helfen, stellen wir in Zusammenarbeit mit regionalen Netzwerken Berufsbilder vor und vermitteln auch Praktika.“
50 Flüchtlinge sind bis Ende 2016 in Praktika, EQ und Ausbildung vermittelt worden. Nahezu 200 Unternehmen haben sich bereit erklärt insgesamt 500 freie Ausbildungs-, Einstiegsqualifizierungs- und Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen, darunter auch das weltweit tätige Chemie- und Pharmaunternehmen Merck und die IHK Darmstadt selbst. Unsere fünf Ausbildungsberater begleiten die Betriebe dabei.
Flüchtlinge | Unbegleitete Minderjährige | |||
Darmstadt | 3.196 | 260 | ||
Kreis Bergstraße | 3.790 | 314 | ||
Kreis Darmstadt-Dieburg | 3.841 | 273 | ||
Kreis Groß-Gerau | 2.863 | 208 | ||
Odenwaldkreis | 443 | 48 | ||
Insgesamt | 14133 | 1103 |
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